Benin-Bronzen Rückgabe: Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim restituieren koloniale Kunst an Nigeria
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Benin-Bronzen Rückgabe: Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim restituieren koloniale Kunst an Nigeria

Ein Meilenstein für Provenienzforschung, kulturelles Erbe und internationale Museumskooperation

„Der im Gemeinderat getroffene Beschluss ist ein bedeutender Schritt in der Aufarbeitung kolonialer Vergangenheit und fördert den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Nigeria.“
– Kulturbürgermeister Thorsten Riehle

Die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (rem) setzen ein Zeichen: Am 29. Juli 2025 beschloss der Mannheimer Gemeinderat die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria. Dieser Schritt stärkt die internationale Zusammenarbeit im Kulturbereich und zeigt, wie deutsche Museen Verantwortung für ihre Sammlungen aus kolonialen Kontexten übernehmen.

Die Restitution kolonialer Kunst wird gemeinsam mit der nigerianischen Seite organisiert. Ein Teil der Benin-Bronzen verbleibt als Dauerleihgabe in Deutschland. Ziel ist ein durch den Bund koordinierter Sammeltransport mit weiteren deutschen Museen.

Restitution als kulturelle Verpflichtung

Die Rückgabe der Benin-Bronzen steht im Zeichen der Provenienzforschung und interkulturellen Verantwortung. Dr. Sarah Nelly Friedland, Direktorin für Archäologie und Weltkulturen an den rem, betont den nicht bezifferbaren, aber identitätsstiftenden Wert der Kunstwerke:

„Obwohl eine monetäre Bewertung kaum möglich ist, liegt der Wert dieser Kunstwerke vor allem in ihrer identitätsstiftenden Kraft.“
– Dr. Sarah Nelly Friedland

Was die Reiss-Engelhorn-Museen besitzen

Derzeit befinden sich 29 Objekte aus dem Königreich Benin in Mannheim. Darunter: drei Gedenkköpfe, drei Reliefplatten, geschnitzte Stoßzähne, Glocken, Gefäße und Waffen. Die meisten Objekte stammen aus Schenkungen und Ankäufen der 1920er Jahre, einige durchliefen 1935 einen staatlich koordinierten Museumstausch.

Provenienzforschung und digitale Transparenz

In einem durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekt konnten Herkunft und Wege der Benin-Bronzen systematisch rekonstruiert werden. Die rem dokumentierten ihre Bestände öffentlich – sowohl in der deutschen Online-Datenbank für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten als auch auf der Plattform Digital Benin.

Politische Rückendeckung für Rückführung

Der Beschluss in Mannheim folgt auf ein bundesweites Umdenken: Bereits im April 2021 sprachen sich Bund, Länder und Kommunen für die Rückgabe kolonialer Kulturgüter aus. Die „Gemeinsame Erklärung“ von Juli 2022 zwischen Deutschland und Nigeria schuf den rechtlichen Rahmen.

Große Museen wie das Museum am Rothenbaum in Hamburg, das Linden-Museum Stuttgart und das Rautenstrauch-Joest-Museum Köln haben bereits Eigentumsübertragungen vollzogen. Erste Benin-Bronzen wurden im Dezember 2022 nach Nigeria überführt.

Wer trägt die Verantwortung in Nigeria?

Die National Commission for Museums and Monuments (NCMM) koordiniert die Rücknahme der Artefakte. Ein Vertrag mit dem Oba von Benin regelt die Eigentumsfrage: Der Oba bleibt formeller Eigentümer, die NCMM übernimmt Verwahrung und internationalen Dialog. Eine Veräußerung der Objekte ist ausgeschlossen.