Seit 2012 findet jährlich eine „Woche der Vielfalt“ statt. In diesem Jahr traf Oberbürgermeister Albrecht während dieser Woche Menschen mit einer besonderen Lebensgeschichte – jeweils ganz persönlich und im geschützten Rahmen. Mit dabei waren Zugewanderte, die dem Oberbürgermeister aus ihrem Leben berichteten. Wie haben sie es geschafft in Deutschland zurecht zu kommen? Thematische Veranstaltungen für die Öffentlichkeit rundeten den Veranstaltungsreigen jeweils ab. Corona hat eine Pause dieses Begegnungsformats erzwungen. Doch die städtischen Akteure nutzten die Unterbrechung zu einer Weiterentwicklung.
Seit diesem Jahr beteiligt sich die Stadt Sinsheim an der bundesweit stattfindenden Interkulturellen Woche. Zusammengefunden haben sich hierfür das Diakonische Werk im Rhein-Neckar-Kreis, der Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis, der Rat der Religionen Sinsheim und der Bereich Integration der Stadtverwaltung Sinsheim. Die beteiligten Organisationen trugen unterschiedliche Programmpunkte zu der Veranstaltungsreihe bei. Gemeinsam wurde am Freitag den 29.09.2023, dem Tag des Flüchtlings, die Tagung „Vielfalt öffnet Räume“ im Rathaus veranstaltet. Oberbürgermeister-Stellvertreter Klaus Gaude begrüßte die Teilnehmenden im gut gefüllten Sitzungssaal der Stadt. Er freute sich über das rege Interesse am Thema und auch darüber, dass die Teilnehmenden für die Gestaltung eines guten Miteinanders ihren Freitagnachmittag einbrachten.
Engagiert zur Sache ging es beim Vortrag von Dr. Havva Engin, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Sie plädierte dafür, das Thema Zuwanderung nüchtern zu betrachten und sich nicht von hetzerischen Parolen blenden zu lassen. Zuwanderung ist aus ihrer Sicht seit Jahrhunderten gesellschaftliche Realität und kein kürzlich erstmals aufgetauchter Sonderfall. Aus ihrer Sicht ist „kluge“ Migrationspolitik immer auch „kluge“ Gesellschaftspolitik. Gesellschaftliche Realitäten seien klar zu benennen und auch künftige Herausforderungen vorauszudenken, sonst wird auch der Wert von Lösungen ein sehr kurzfristiger sein.
Nach dem Vortrag ging es in die Workshops.
Als spannend erwies sich für die Teilnehmenden der Workshop „Frauen auf der Flucht“ des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg. Meist wird bei Geflüchteten an Männer gedacht. Die Bedingungen, unter denen sich Frauen und Mütter entschließen, ihre Heimatregion zu verlassen, sind oftmals nicht im Mittelpunkt öffentlicher Debatten, ebenso wie die Herausforderungen, die ihnen unterwegs und im Zielland begegnen. „So habe ich das noch gar nicht gesehen“, kommentierte eine der Teilnehmerinnen des Workshops und wirkte sehr nachdenklich.
Beim Workshop zum Umgang mit psychisch belasteten Geflüchteten ging es sehr praktisch zu. In kleinen Rollenspielen steuerten Teilnehmende Ausschnitte aus erlebten Praxissituationen bei und entwickelten gemeinsam mit den Referenten Handlungsmöglichkeiten für Nicht-Fachleute.
Unter der Überschrift „Wir haben es geschafft!“ ging es um die Lehren aus der Situation in den Jahren 2015/2016, in denen ein plötzlicher Anstieg der Fluchtbewegungen nach Zentraleuropa stattgefunden hatte. Die Situation damals wurde unter anderem durch die tatkräftige Unterstützung engagierter Ehrenamtlicher bewältigt. Welche Lehren daraus für die jetzt anstehenden Krisen gezogen werden können, war die Fragestellung von Dr. Verena Schmid. Sie hatte genau zu dieser Frage erst kürzlich ihre Dissertation vorgelegt. Über die Ergebnisse kam sie im Workshop mit den Teilnehmenden ins Gespräch, die jeweils ihre Sichtweise auf die damalige Situation beitrugen.
Die halbtägige Veranstaltung wurde mit einem internationalen Catering umrahmt. Frauen aus verschiedenen Kulturen luden zum Probieren kleiner internationaler Snacks ans Buffet ein und informierten auch über die enthaltenen, teilweise exotischen Zutaten. „Noch nie habe ich als Veganer so viel von einem Buffet essen können“, kommentierte einer der Referenten.
Den Abschluss fand die Veranstaltung in einem interreligiösen Gebet des Sinsheimer Rates der Religionen. Der Rat hat hierbei erstmals eine gemeinsame religiöse Veranstaltung auf die Beine gestellt. Erfreulicherweise nahmen viele Teilnehmer am Gebet im Foyer des Rathauses teil, und weitere Gäste kamen gezielt zum Friedensgebet.
Aus der Runde der Mitveranstaltenden war zu hören, dass der gute Anklang des Formates sowohl zur Tagung insgesamt, als auch zum Friedensgebet zu Wiederholung und aufbauender Weiterentwicklung ermutigt. Die nächste Interkulturelle Woche wird also bereits mit Freuden erwartet.
Bild (Stadt Sinsheim): Klaus Gaude, Stellvertreter des Oberbürgermeisters, begrüßte die Teilnehmer im gut gefüllten Sitzungssaal der Stadt.