Zum Rechtsstreit der Stadt Mannheim, vertreten durch die Reiss-Engelhorn-Museen, gegen die Wikimedia Foundation Inc. und den Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e.V. vor dem Landgericht Berlin bezüglich der Urheberrechtsverletzung im Fall von 17 Gemälden, darunter das Porträt Richard Wagner des Malers Caesar Willich
In diesem Zusammenhang häufig gestellte Fragen an die Reiss-Engelhorn-Museen
Warum gehen wir gegen die Nutzung der Fotografie vor?
Ein Autor der Wikipedia hatte in 17 Fällen von uns gefertigte Fotografien in die Datenbank von Wikimedia Commons eingestellt, ohne uns zu fragen. Hier werden sie nun weltweit jedermann zur freien, auch kommerziellen Nutzung angeboten. Wir haben große Sympathie für das Projekt Wikipedia und teilen uns mit Wikipedia die Aufgabe der Weitervermittlung von Wissen. Es geht uns nicht darum, Wikipedia Schaden zuzufügen, oder darum, dass wir mit deren Projekt grundsätzlich nicht einverstanden wären. Es stellt sich für uns aber die Frage, wer die Entscheidung über das Ob und vor allem das Wie der öffentlichen Zugänglichmachung unserer Bestände haben soll.
Wir sind uns, was unseren Auftrag der Wissensvermittlung angeht, unserer Verantwortung sehr wohl bewusst. Wir stellen daher die von uns gefertigten Fotografien auf Anfrage zur Verfügung oder lassen auf Anfrage Dritte die Fotografien auch selbst fertigen. Hierfür fallen Gebühren nach einer Gebührenordnung an. In vielen Fällen, insbesondere bei wissenschaftlichen Arbeiten oder Arbeiten von Museen und anderen kulturellen Einrichtungen verzichten wir auf die Erhebung von Gebühren.
Wir wollen jedoch was gewerbliche oder kommerzielle Nutzungen angeht, ein Mitspracherecht haben, ob und zu welchen Konditionen unsere Arbeitsergebnisse verwendet werden. Die Fotografien sind mit einigem Aufwand und Kosten erstellt worden. Kommt es zu kommerziellen Nutzungen, fühlen wir uns im Sinne der Allgemeinheit verpflichtet, in Zeiten immer knapper werdender Kulturetats hierfür einen Beitrag zu verlangen.
Auch wenn man die freie öffentliche Zugänglichmachung der Kulturgüter über die Wikipedia befürwortet, ist für uns schwer nachzuvollziehen, dass ein einzelner Autor der Wikipedia für sich beansprucht, alleine darüber zu entscheiden, die mit öffentlichen Mitteln aufwendig erstellten Arbeitsergebnisse über Wikipedia weltweit jedermann zur freien und damit auch zur gewerblichen bzw. kommerziellen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Hierdurch kam es zu zahlreichen, insbesondere auch kommerziellen Folgenutzungen, mit denen wir nicht einverstanden waren (z.B. Verwendung auf diversen unpassenden Merchandising-Artikeln durch einen großen US-amerikanischen Online-Händler) und die andernfalls zu moderaten Tarifen hätten lizensiert werden können. Letztlich wären die Lizenzeinnahmen für solche Sondernutzungen wiederum der Allgemeinheit zugutegekommen.
Im Übrigen entspricht der vorliegende Fall sicher auch nicht den Grundsätzen der Arbeit von Wikipedia, nach denen geltendes Recht – insbesondere das Urheberrecht – strikt zu beachten ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedai#Grunds.C3.A4tze
Wieviel kostet die Bildnutzung in Online-Portalen?
Bis zum 01.11.2015 sah unsere Gebührenordnung für Internetnutzungen einen einheitlichen Gebührensatz in Höhe von 250,00 EUR vor. Die am 01.11.2015 in Kraft getretene Gebührenordnung unterscheidet bei Internetnutzungen nicht-kommerzielle, redaktionelle und werbliche Zwecke. Für eine zeitlich unbegrenzte Nutzung einer Fotografie im Internet bei nicht-kostenpflichtigen, redaktionellen Internetseiten fallen demnach max. 250,00 EUR an. Die Reiss-Engelhorn-Museen behalten sich vor, im Einzelfall und in Abhängigkeit von der Verwendung Gebühren zu reduzieren oder auch ganz zu erlassen.
Warum erheben Sie Gebühren auf die Verwendung von Bildmaterial, dessen Anfertigung durch Steuergelder finanziert wurde?
Gerade weil das Fertigen der Fotografie mit Steuergeldern finanziert wurde und die Kulturetats immer knapper werden, verlangen wir für gewerbliche oder kommerzielle Nutzungen moderate Gebühren. An uns werden, was die Erfüllung unserer Aufgaben angeht, vom Publikum mit Recht hohe Erwartungen gestellt. Das kostet Geld. Wir halten es daher für nicht verwerflich, wenn wir für kommerzielle Nutzungen unserer Arbeitsergebnisse wenigstens einen Teil der Kosten wieder einspielen möchten. Andere öffentliche Institutionen handhaben dies im Übrigen nicht anders. Es gibt jedenfalls keinen Grundsatz, dass diese nur deswegen, weil sie mit Steuergeldern finanziert sind, ihre Leistungen für jedermann unentgeltlich zu erbringen haben.
Was spricht aus der Sicht der Reiss-Engelhorn-Museen dagegen, dass das Foto des Wagner-Porträts unter einer CC-Lizenz der Öffentlichkeit angeboten wird?
Die Fotos, um die es hier geht, wurden von dem Nutzer nicht unter einer bestimmten CC-Lizenz, sondern für jedermann zur freien, auch gewerblichen Nutzung angeboten worden. Es ist uns wichtig, dass wir über die Frage der Nutzung unserer Arbeitsergebnisse ein Mitspracherecht behalten. In dem konkreten Fall war es für uns nicht hinnehmbar, dass ein Internetnutzer allein und ohne uns hierbei einzubeziehen darüber entschieden hat, das Bild jedermann – auch zur gewerblichen Nutzung – freizugeben.
Haben sich die Reiss-Engelhorn-Museen an Wikimedia bzw. die Wikimedia Foundation gewendet?
Wir haben uns zunächst mehrfach vergeblich selbst an Wikimedia gewendet. Wir haben hierauf jedoch keine Antwort erhalten. Daraufhin haben wir uns entschieden, die Sache an unseren Rechtsbeistand zu geben. Auch dieser hat sowohl die Wikimedia Foundation Inc. als auch die Wikimedia Deutschland e. V. mit verschiedenen Schreiben auf die Rechtsverletzungen aufmerksam gemacht und darum gebeten, die fraglichen Fotografien aus ihrem Angebot zu entfernen. Nachdem weder die Wikimedia Foundation Inc. noch die Wikimedia Deutschland e. V. auf diese Schreiben reagiert hat und damit offensichtlich nicht bereit ist, unsere Fotografien aus ihrem Angebot zu entfernen, haben wir uns dazu entschlossen, Klage einzureichen.
Wieso haben Sie eine Anwaltskanzlei beauftragt?
Die Reiss-Engelhorn-Museen verfügen nicht über eine eigene Rechtsabteilung, die das besondere Fachwissen vorhält. In letzter Zeit mussten wir leider feststellen, dass neben unseren Kunden, die die Nutzungsordnung einhalten, offiziell Abbildungsgenehmigungen anfragen und für eine Nutzung aufwendig produzierter Fotografien die entsprechenden Gebühren bezahlen, auch Dritte Fotografien verwendeten, deren Schutz nicht abgelaufen ist, ohne bei uns die Rechte einzuholen.
Da wir sowohl unseren Kunden gegenüber als auch im Sinne des oben geschilderten öffentlichen Auftrags verpflichtet sind, unsere Bestände verantwortungsvoll zu nutzen, haben wir einen Fachanwalt beauftragt, der den Urheberrechtsverletzungen für uns nachgeht.
Warum stellen Sie Bilder Ihrer Sammlungsobjekte nicht grundsätzlich online für jedermann zur freien Verfügung?
Die Frage, ob und wie wir unsere digitalisierten Bestände online stellen, ist zu trennen von der Frage, wer die von uns mit öffentlichen Geldern erstellten Arbeitsergebnisse auf welche Weise nutzt. Wir halten uns in den Fällen, in denen eine kommerzielle/gewerbliche Nutzung beabsichtigt ist, nicht nur für berechtigt, sondern auch für verpflichtet, Gebühren zu erheben, die wiederum der Allgemeinheit zu Gute kommen, weil wir diese Einnahmen verwenden können, um unserem öffentlichen Auftrag nachzugehen (Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln von Kulturgütern).
Diese Auffassung steht im Übrigen in Einklang mit dem europarechtlichen Vorgaben zur Nutzung von digitalisierten Kulturbeständen, die über das Informationsweiterverwendungs-gesetz zwischenzeitlich in das nationale Recht transformiert wurden. Danach sind Museen, Bibliotheken und Archive ausdrücklich berechtigt, über die Weiterverwendung der von ihnen erstellten, urheberrechtlich geschützten Arbeitsergebnisse zu bestimmen und hierfür im angemessenen Rahmen Entgelte zu verlangen. Die dahinterliegende gesetzgeberische Intention liegt auf der Hand: Die Kulturinstitutionen sollen selbst einen Beitrag zu den immensen Kosten der Digitalisierung ihrer Bestände wieder einspielen.
Warum ist die Fotografie eines Gemäldes schützenswert?
Bei der Fotografie handelt es sich nicht um ein Foto, das „eben mal so“ in der Ausstellung aufgenommen wurde. Vielmehr ist es ohne fundiertes Wissen eines professionellen Fotografen und ohne Kenntnisse der technischen und physikalischen Grundlagen nicht möglich, eine Fotografie in einer solchen Qualität zu fertigen. Der Ablauf einer Gemäldefotografie gestaltet sich wie folgt: Das Gemälde muss aus dem Depot oder aus der Ausstellung geholt werden, weil eine professionelle Aufnahme im Depot oder in der Ausstellung aufgrund der dortigen Lichtverhältnisse nahezu nicht möglich ist. In den Ausstellungen und im Depot sind 150 Lux vorgegeben, d.h. es ist zu dunkel, um dort fotografieren zu können. Ausschließlich der Sammlungsleiter oder Restauratoren dürfen das entsprechende Objekt mit Handschuhen anfassen und ins Fotoatelier bringen. Das Gemälde braucht einen neutralen Hintergrund, dafür werden Papierrollen als Hintergrund benutzt. Im Fotoatelier arbeitet der Museums-Fotograf mit Tageslichtlampen und leuchtet ein Gemälde so aus, dass kein Schatten, keine Reflexionen (Spiegelungen) oder unerwünschte Streifenbildungen entstehen, die aber entstehen würden, würde das Gemälde mit Blitzlicht in der Ausstellung abfotografiert. Zum Farbabgleich sind ein Farbkeil und ein Beleuchtungsmesser notwendig. Die Farbechtheit ist dabei immens wichtig. Gerade der Aufwand, ein zweidimensionales Gemälde zu fotografieren, ist nicht zu unterschätzen. Das Licht muss so gesetzt sein, dass in allen vier Ecken des Gemäldes die Lichtsetzung und Farbechtheit übereinstimmt. Hierfür sind 2 bis 4 Tageslichtleuchten erforderlich. Darüber hinaus muss je nach Beschaffenheit der Oberfläche des Gemäldes das Licht so angepasst werden, dass die Pinselstrukturen sichtbar sind, aber nicht zu deutlich die Abbildung beeinflussen. Auch auf die dunklen Bereiche eines Gemäldes muss geachtet werden, damit diese nicht untergehen und als ein einziger dunkler Fleck, sondern auch die Zeichnung bzw. Merkmale in diesen Bereichen wahrgenommen werden können. Wenn die Lichtsetzung hinsichtlich dieser Vorgaben nicht funktioniert, muss gegebenenfalls das Gemälde von den Restauratoren gedreht werden. Ohne Stativ ist eine professionelle Fotografie nicht möglich, weil die Abbildung sonst trapezförmig verzerrt wäre.