Deutsche Sprache im Gepäck

K1024 pd 16 07 13 sprachfoerderung by dornAn den Heidelberger Grundschulen gibt es künftig Sprachförderkoffer für neuzugewanderte Kinder

Wie kann ein Kind, das neu nach Deutschland zugewandert ist, am besten die deutsche Sprache erlernen? Darüber haben sich Fachleute in den Bildungsregionen Heidelberg und Weinheim Gedanken gemacht und gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg ein neues Angebot entwickelt: den „Sprachförderkoffer für Quereinsteiger ohne Deutschkenntnisse“. Der Koffer wird ab dem Schuljahr 2016/2017 an den Heidelberger Grundschulen mit sogenannten Internationalen Vorbereitungsklassen für neuzugewanderte Schülerinnen und Schüler (VKL-Klassen) eingesetzt. Derzeit haben zehn Grundschulen eine VKL-Klasse.

„Bisher fehlte es an geeignetem und motivierendem Material, das Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters ermöglicht, in ihrem eigenen Tempo gleichzeitig sowohl Wortschatz als auch Satzbau der deutschen Sprache zu lernen“, sagt Anja Schmidt, Schulleiterin der Heidelberger Albert-Schweitzer-Schule. Sie hat am Projekt für Quereinsteiger in die deutsche Sprache mitgewirkt und ihre Erfahrungen aus den VKL-Klassen eingebracht. In einer Pilotphase von zwei Jahren entwickelte Projektleiterin Prof. Dr. Anne Berkemeier von der PH Heidelberg gemeinsam mit der Schulleiterin das neue Instrumentarium zur Sprachförderung. Illustriert wurde das Material von Nicole El Salamoni.

Der Sprachförderkoffer mit Hörtabelle, Satzleiste und Co. bietet ein Werkzeug, das mit allen Methoden kombiniert werden kann. Das Material erlaubt Seiteneinsteigern mit geringen oder keinen Deutschkenntnissen eigenständiges Arbeiten auf dem individuellen Sprachniveau sowie eine handlungsorientierte Annäherung an die deutsche Sprache. Das Material besteht aus beschrifteten und bebilderten Wortkarten als Lehrer- und Schülerset, programmierten Vorlesestiften sowie Kopfhörern und dem von Prof. Berkemeier entwickelten Herzstück des Sets: der Satzleiste. Diese verbindet das Lernen von Form und Funktion der deutschen Sprache und kann dabei sowohl im Deutsch- als auch im Fachunterricht in der Grundschule eingesetzt werden.

„Das Lernen mit dem Sprachförderkoffer und der Satzleiste erfordert geschulte Lehrkräfte und ermöglicht gemeinsame Inputphasen, Arbeitsphasen in Kleingruppen sowie Phasen der individuellen Stillarbeit“, erklärt Prof. Berkemeier. „Der Sprachförderkoffer bietet die Möglichkeit, die Komplexität der deutschen Grammatik individuell angemessen didaktisch zu reduzieren, das hat die zweijährige Testphase in der Albert-Schweitzer-Schule gezeigt“, so Berkemeier.

Finanziell ermöglicht wurde das Projekt durch Mittel aus der Großspende für Menschen auf der Flucht des Heidelberger Unternehmers Wolfgang Marguerre und der finanziellen Beteiligung der Freudenberg-Stiftung aus der Bildungsregion Weinheim. „Zunächst werden nun die Internationalen Vorbereitungsklassen der Grundschulen mit Sprachförderkoffern ausgestattet“, erklärt Franz Meißner vom Bildungsbüro Heidelberg. Sie erhalten bedarfsgerecht Schüler- und Lehrerkoffer für die Arbeit auf dem Schülertisch und an der Tafel. Das innovative Bildungsprojekt wird unter Leitung von Prof. Berkemeier aktuell aber auch für die Bedarfe von jungen Erwachsenen in den Vorbereitungsklassen an den beruflichen Schulen weiterentwickelt.

Hintergrund: Die Sprachförderung vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe schafft von Beginn an optimale Voraussetzungen für den Bildungserfolg. Dafür hat die Stadt Heidelberg gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und dem Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie der Universität Heidelberg ein durchgängiges Sprachförderkonzept entwickelt. Jährlich investiert die Stadt Heidelberg 350.000 Euro in die Sprachförderung. Der Sprachförderkoffer für Quereinsteiger ohne Deutschkenntnisse ist das jüngste Projekt in diesem Bereich.