Gedenkfeier anlässlich des 68. Jahrestages der Ungarischen Revolution und des Freiheitskampfes 1956 am 24.10.2024 in Stuttgart begangen

Gedenkfeier anlässlich des 68. Jahrestages der Ungarischen Revolution und des Freiheitskampfes 1956 am 24.10.2024 in Stuttgart begangen

Am 24. Oktober 2024 begingen das Generalkonsulat von Ungarn in Stuttgart und das Liszt Institut Ungarisches Kulturzentrum Stuttgart eine Feierstunde zum Gedenken anlässlich des 68. Jahrestages der Ungarischen Revolution und des Freiheitskampfes 1956. Der Begrüßung durch den ungarischen Generalkonsul Dr. András Izsák schloss sich die Festrede von Dr. Gábor Csaba, Stellvertretender Staatssekretär des Ministeriums für Kultur und Innovation an. Danach hielt Karsten Köhler, ein Zeitzeuge, der ehemalige Klassensprecher der „Schweigenden Klasse“ aus dem Jahr 1956, eine weitere Festrede.

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Auf dem Foto zu sehen sind der Zeitzeuge Karsten Köhler (links) und Dr. Dezső B. Szabó, Institutsleiter des Liszt Institut Ungarisches Kulturzentrum Stuttgart (rechts).

Karsten Köhler, 1938 im brandenburgischen Beeskow geboren, gehörte an der Oberschule in Storkow in der DDR 1956 zu den ersten Schülern, die dort das Abitur ablegen sollten. Als im Herbst 1956 der ungarische Volksaufstand und dessen Niederschlagung durch sowjetische Truppen stattfand, war Karsten Köhler Klassensprecher der Abiturklasse 12b. Karsten Köhler organisierte zusammen mit einigen Mitschülern eine Protestaktion für die ungarischen Opfer des sowjetischen Einmarschs. So blieb die ganze Klasse im Geschichtsunterricht fünf Minuten lang stumm. „Die schweigende Klasse“ wurde von Lehrern, Behörden- und Parteivertretern und dem Volksbildungsminister massiv unter Druck gesetzt, die Anstifter des Protests sollten ausfindig gemacht werden. Die Klasse zeigte sich mutig und hielt trotz des enormen Drucks zusammen. Letztlich wurde die standhafte Klasse in der ganzen DDR vom Abitur ausgeschlossen. Daraufhin entschlossen sich Karsten Köhler und die meisten seiner Mitschüler, die DDR heimlich zu verlassen. Ihr Ziel war es, als Klasse zusammenbleiben und dann in der Bundesrepublik Deutschland das Abitur abzulegen.

Erfahren hatten Schüler der „Schweigenden Klasse“ vom Aufstand 1956 in Budapest bei einem Kinobesuch in Westberlin, wo in der Wochenschau - im Gegensatz zum Osten – darüber berichtet wurde und die aufwühlenden Bilder zu sehen waren. Zudem hatten die Schüler über den für DDR-Bürger verbotenen Sender RIAS davon gehört, den sie heimlich hörten, was sie auch "zusammenschweißte". 

Über die Erlebnisse seiner Abiturklasse 1956 schrieb Dietrich Garstka, einer der 19 Schüler im Jahr 2007 ein Buch, „Das schweigende Klassenzimmer“, das 2017 von Regisseur und Drehbuchautor Lars Kraume verfilmt wurde und 2018 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin seine Weltpremiere feierte.

Vor der Gedenkfeier, bereits am Nachmittag des 24.10.2024 hatten Schülerinnen und Schüler des Kussoth-Gymnasiums Budapest und des Schickhardt-Gymnasiums Herrenberg die Gelegenheit die Verfilmung zu sehen und auch mit dem Zeitzeugen Karsten Köhler ins Gespräch zu kommen. Diese Veranstaltung kam mit der freundlichen Unterstützung des Deutsch-Ungarischen Jugendwerks, das sich für Dialog und Austausch einsetzt und die Generationen weiterhin verbinden möchte, in Kooperation mit dem Liszt-Institut Stuttgart zustande.

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Auf dem Foto sind der ungarische Generalkonsul Dr. András Izsák (links) und Rita Chiovin (rechts), Büroleiterin des Deutsch-Ungarischen Jugendwerks zu sehen.

Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier am Abend mit Werken von Prosper Amtmann und Franz Liszt, gespielt von Márk Fülep, einem mit mehreren renommierten Preisen ausgezeichneten Querflötisten (rechts), darunter waren dreimal das Annie-Fischer-Stipendium und auch dreimal der Artijus- und der Lászlo Laijth-Preis, der sich zudem auch als Kammermusiker und Komponist einen Namen gemacht hat und dem Pianisten Tamás Kéry (links), der ebenfalls mit zahlreichen Preisen bei nationalen Klavier- und Kammermusikwettbewerben ausgezeichnet wurde, aber auch als Interpret zeitgenössischer Musik.

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Foto: Diana Rasch
Text: Diana Rasch und Elisabeth Rasch