Am 3. Oktober 2024, dem Tag der Deutschen Einheit, hatte der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, Dr. Frank Nopper, zahlreiche Gäste und als Festredner den Ex‐Fußball-Nationalspieler Claudemir Jerônimo Barreto, genannt „Cacau“, ins Stuttgarter Rathaus zur Feierstunde eingeladen.
Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper hatte Claudemir Jerônimo Barreto „Cacau“, der bereits seit 2009 deutscher Staatstbürger ist, als diesjährigen Festredner ausgewählt und sagte über ihn: „Cacau ist für mich der lebende Beweis dafür, dass Integration gelingen und sogar tief in den Herzen ankommen kann. Nicht nur, weil er als Nationalspieler die deutsche Nationalhymne mit größerer Begeisterung und Inbrunst mitgesungen hat als jeder andere, sondern auch, weil er sich aktiv in die Gesellschaft einbringt und für sie einsetzt.“
Dr. Nopper betonte, „Cacau“ habe als Integrationsbeauftragter des Deutschen Fußball‐Bundes, als Botschafter der Gastgeberstadt Stuttgart für die UEFA EURO 2024 und durch sein vielfältiges soziales Engagement Deutschland etwas von dem zurückgeben wollen, was er dem Land zu verdanken habe, was ihn als echten Patrioten auszeichne.
Dr. Nopper berichtete von einer aktuellen Umfrage des Instituts INSA, der zufolge nur 50 Prozent der Befragten sagten, dass der Tag der Deutschen Einheit für sie ein Grund zur Freude sei und betonte dass er zu 200 Prozent bei dieser Hälfte der Befragten sei: „Der heutige Tag ist für uns Deutsche ein Tag der Freude über die von vielen herbeigesehnte Wiedervereinigung unseres Landes, ein Tag der Freude des Sieges der Demokratie über die Diktatur, ein Tag der Freude, weil er nicht nur die Reisefreiheit, sondern auch die Freiheit im Denken und Handeln bedeutete.“
Der Oberbürgermeister sagte auch: „Leider ist nicht alles zusammengewachsen, was zusammengehört“ und „Wir müssen alles dafür tun, dass der Tag der Deutschen Einheit für diejenigen wieder zu einem Tag der Freude wird, für die er heute kein Tag der Freude ist. Und wir müssen an die Ursachen herangehen, die bei den Menschen im Osten, aber auch im Westen zur Abwendung, zu Distanz und Skepsis führen.“
Den 3. Oktober bezeichnete Dr. Nopper auch als einen Tag der Selbstvergewisserung. „Wir bekennen uns zu unserer freiheitlichen demokratischen Verfassung. Wir bekennen uns zu unseren unabdingbaren Grundwerten – über allem zur Würde des Menschen.“ Es gehörten zur nationalen Identität in einem vereinigten Europa aber auch ein aufgeklärter und letztlich völkerverbindender Patriotismus. Dies sei in einer Zeit starker Zuwanderung und angesichts einer auseinanderdriftenden Gesellschaft wichtiger denn je. „Wohlstand und Sicherheit können brüchig werden und eignen sich auf Dauer allein nicht als Kitt in einer vielfältigen Gesellschaft. Nur derjenige wird Einwanderer und Neuankömmlinge für sich und für eine gemeinsame Sache gewinnen können, der sich selbst und sein Land mag, der sich zu seinen eigenen Wurzeln und Traditionen bekennt.“
Dr. Nopper zitierte den ehemaligen Bundestagspräsident Norbert Lammert, der gesagt habe: „Ohne Gemeinsamkeit erträgt eine Gesellschaft auch keine Vielfalt – gerade die offene Gesellschaft braucht gemeinsame Werte und Orientierungen. Vielfalt braucht Orientierung.“
Der Oberbürgermeister ging noch auf das Motto der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit, die in diesem Jahr im an der Ostsee gelegenen Schwerin, der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns stattfanden, das lautete: „Vereint Segel setzen“ – und leitete davon ab: „Ja, wir müssen vereint Segel setzen – in stürmischen Zeiten. Bei rauer See kann man nur Kurs halten, wenn alle mit Gemeinschafts‐ und Teamgeist an einem Strang ziehen.“
Claudemir Jerônimo Barreto, genannt „Cacau“, blickte zurück auf seine Zeit mit der deutschen Fußballnationalmannschaft: „Als wir 2007 mit dem VfB Stuttgart Meister wurden, haben viele nicht an uns geglaubt – nicht einmal wir selbst. Als wir mit der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika Dritter wurden, nachdem wir vor dem Turnier Schlüsselspieler wie Michael Ballack verloren hatten, hatten wir an einen solchen Erfolg ebenfalls kaum zu hoffen gewagt. Aber in beiden Fällen lag unsere Stärke und die Grundlage unseres Erfolgs in unserer mannschaftlichen Geschlossenheit.“ Und er ergänzte, dass er die Komplexität eines Landes, seiner Geschichte und seiner gesellschaftlichen Herausforderungen keineswegs auf ein Fußballspiel reduzieren wolle, aber es gebe Grundsätze, von denen man lernen könne. „Der Tag der Deutschen Einheit macht uns bewusst, wie viel wir alle gemeinsam erreichen können.“
„Cacau“, Claudemir Jerônimo Barreto, verwies auf die Bedeutung von Gemeinschaft und Geschlossenheit. Zudem sagte er: „Wir leben in herausfordernden Tagen, in denen wir oft das Gegenteil von Einheit sehen und erleben. Und wir sind möglicherweise versucht, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu behaupten, dass sie daran schuld seien, dass wir diese Einheit nicht leben. Aber lassen Sie uns auf uns selbst schauen, wenn es um die Verantwortung für diese Einheit geht. Was kann jeder einzelne von uns dafür tun?“
Ergänzend zu den Reden wurden bei der feierlichen Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus historische Filmaufnahmen gezeigt zur deutschen Teilung und dem Bau der Mauer 1961. Aber auch Filmsequenzen, die das Engagement der Menschen im geteilten Deutschland festgehalten hatten und auch die internationale politische Unterstützung, was schließlich 1989 zum Fall der Mauer und 1990 zur Deutschen Einheit geführt hatten.
Die musikalische Umrahmung der diesjährigen Feierstunde im Stuttgarter Rathaus übernahm die Mezzosopranistin Cornelia Lanz, die von Elena Arnovskaya am Klavier begleitet wurde.
Text und Foto: Diana Rasch und Elisabeth Rasch