Bundesverdienstkreuz an Andrea Schulz aus Mannheim, Mirko Drotschmann, Rheinhessen und Petra Densborn, Worms/Rheinland-Pfalz am 9. Oktober 2023 von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue überreicht

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 9. Oktober 2023 unter dem Motto "Bildung und Zusammenhalt fördern, Demokratie stärken" in Schloss Bellevue 23 Personen mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Ordensverleihung fand zum Tag der Deutschen Einheit statt. Die Orden wurden 15 Frauen und 8 Männern überreicht, die „sich in herausragender Weise für mehr Bildungsgerechtigkeit, moderne Wissensvermittlung und in der Elternarbeit“ einsetzen. „Sie sind in der Talentförderung aktiv und kümmern sich um benachteiligte Kinder und Jugendliche. Die Geehrten greifen Fragen und Anliegen der jungen Generation auf, forschen zum Klimawandel, widmen sich der Integration von Zugewanderten und leisten humanitäre Hilfe in Deutschland und weltweit“.

Andrea Schulz aus Mannheim/Baden-Württemberg wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande für ihr Engagement ausgezeichnet. Die Begründung lautete: „"Freezone" ist in Mannheim eine Anlaufstelle für junge Menschen, die auf der Straße leben. Dass dort seit mehr als 25 Jahren große Hilfe geleistet wird, ist ganz besonders Andrea Schulz zu verdanken. Sie hat das von kirchlichen Einrichtungen und der Arbeiterwohlfahrt gegründete Projekt mit entwickelt und aufgebaut. Neben Hilfs- und Übernachtungsangeboten hat "Freezone" die "Mannheimer Straßenschule" eingerichtet, in der ehrenamtliche Lehrkräfte mit den jungen Menschen intensiv den Lernstoff erarbeiten, mit dem sie einen Schulabschluss erreichen können. Die Erfolgsquote der "Mannheimer Straßenschule" ist sehr hoch, und dies motiviert die jungen Menschen auch, ihr Leben weiter in die Hand zu nehmen. Außerdem leistet "Freezone" in Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Drogenverein in Schulen Präventionsarbeit. Andrea Schulz ist nicht nur "Frau der ersten Stunde", sondern auch Motor und Seele der Anlaufstelle.“
Mirko Drotschmann, Region Rheinhessen/Rheinland-Pfalz erhielt das Verdienstkreuz am Bande: „Junge Menschen sind mit Begeisterung Follower von jemandem, der Schulstoff vermittelt? Mirko Drotschmann hat das geschafft. Sein 2012 gestarteter Kanal "MrWissen2go" vermittelt Allgemeinwissen, Geschichte und Politik – und dies so verständlich wie spannend. Fast zwei Millionen sehen ihm bei seinen wöchentlichen Erklärungen des Weltgeschehens zu, und es gibt an den Schulen in unserem Land kaum einen jungen Menschen, der seine Erklärvideos zum Fach Geschichte nicht kennt. Dabei fördert Mirko Drotschmann stets auch das Wissen um demokratische Regeln und Werte. In der Schule werden seine digitalen Formate häufig zur Ergänzung des Unterrichts genutzt. Während der Corona-Pandemie waren seine kostenfreien Online-Angebote besonders wertvoll – für Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler.“

Petra Densborn, Worms/Rheinland-Pfalz erhielt die Auszeichnung Verdienstkreuz am Bande: „"Keiner darf verloren gehen!" – nach diesem Leitsatz handelt das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD), eines der größten Bildungs- und Sozialwerke in unserem Land. Petra Densborn hat seit mehr als 30 Jahren diesen Leitsatz auch zu ihrer Maxime gemacht. Ohne zu zögern, hat sie sich unmittelbar nach Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine der Schwächsten angenommen. Dank ihres Einsatzes konnten 37 schwerstbehinderte Kinder eines Waisenhauses in der Ukraine mit ihren Betreuerinnen im Gästehaus des Berufsförderungswerks Koblenz, dessen Träger das CJD ist, aufgenommen werden. Auch über ihre Tätigkeit als Vorstand beim CJD hinaus ist Petra Densborn in zahlreichen Ehrenämtern aktiv, um zukunftsweisend den Bereich Jugendbildung voranzubringen – sei es als Vorstandsvorsitzende der Jugendstiftung Baden-Württemberg, im Vorstand des Bundesverbandes der beruflichen Bildungsträger oder im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit.“

Dr. Marianne Rädle, Balingen/Baden-Württemberg wurde ebenfalls mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet: „Marianne Rädle ist eine der herausragenden Aktiven von "Jugend forscht", der Nachwuchsinitiative in der Bundesrepublik Deutschland, die das kreative und forschende Lernen in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik fördert. Seit bald 30 Jahren leitet sie Regional- und Landeswettbewerbe, koordiniert das Jugend-forscht-Netzwerk Baden-Württemberg, ist Ansprechpartnerin der Stiftung "Jugend forscht" – und dies alles ehrenamtlich. Dabei geht es ihr stets um die einzelnen Jungforschenden, und häufig begleitet und unterstützt sie deren individuelle Entwicklung bis weit ins Studium, ins Berufsleben. Mit ihrem beispielgebenden Einsatz hat sich Marianne Rädle um die Förderung überaus vieler Talente verdient gemacht – und damit auch um die Zukunft unserer Gesellschaft.“
Serkan Eren, Stuttgart/Baden-Württemberg wurde ausgezeichnet mit dem Verdienstkreuz am Bande: „Als im Herbst 2015 immer mehr Menschen vor Krieg und Gewalt über die Balkanroute flüchteten, organisierte Serkan Eren zusammen mit einem Freund einen Spendentransport. Angesichts der schlimmen Lage der Geflüchteten wollte er nicht tatenlos bleiben. Nach seiner Rückkehr gründete er einen Verein, aus dem die Hilfsorganisation "Stelp" hervorging. Der Name steht für "Stuttgart helps" und verweist auf die Heimatstadt von Serkan Eren, in der er viel Unterstützung erfährt. Mit einem inzwischen internationalen Netzwerk von Ehrenamtlichen engagiert sich der Verein bei Katastrophen und Missständen an vielen Orten der Welt. Dabei nimmt sich "Stelp" besonders der Kinder an. Serkan Eren war unter anderem auch im Jemen, in der Ukraine und nach dem Erdbeben im Februar in der Türkei aktiv. Seine Einsätze sind oft gefährlich, aber sein Traum ist stärker als jede Furcht: Alle Menschen sollen in Würde und Sicherheit leben und ihre Zukunft selbst gestalten können.“

Zu den weiteren ausgezeichneten Persönlichkeiten gehört auch Gerda Hasselfeldt, Fürstenfeldbruck/Bayern, die das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband erhielt. „Bereits mit 18 Jahren begann Gerda Hasselfeldt, sich politisch zu engagieren. Es folgte eine beeindruckende politische Karriere: Über zehn Jahre war sie kommunalpolitisch aktiv, und sie gehörte von 1987 bis 2017 dreißig Jahre dem Deutschen Bundestag an. Dabei war sie als Frau oftmals Pionierin in Spitzenämtern. Und auch nachdem sie ihre politische Arbeit beendet hat, hört sie nicht auf, sich in die Gesellschaft einzubringen. Seit 2017 ist Gerda Hasselfeldt – wiederum als erste Frau – Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes. Sie setzt sich dabei nicht nur für eine bessere Vorbereitung auf Krisenfälle ein, sondern weist unermüdlich auch auf deren Ursachen wie den Klimawandel und die Zunahme der extremen Wetterlagen hin. Das Deutsche Rote Kreuz ist eine der wichtigsten Institutionen der Bundesrepublik bei der Leistung humanitärer Hilfe weltweit. Dass sich Gerda Hasselfeldt mit all ihrer Erfahrung in seinen Dienst gestellt hat, verdient Anerkennung und besonderen Dank.“
Cordula Heckmann, Berlin erhielt das Verdienstkreuz am Bande: „Heute ist die Rütli-Schule in Berlin-Neukölln ein Vorzeigemodell. Dass dies gelingen konnte, ist ganz besonders Cordula Heckmann zu verdanken. Als 2006 die Rütli-Schule im ganzen Land als Problemfall bekannt wurde, übernahm sie Verantwortung und wurde die erste Leiterin der neu gegründeten Gemeinschaftsschule Campus Rütli. In ihrer Dienstzeit hat sie Richtungsweisendes auf den Weg gebracht: Auf dem Campus Rütli werden heute junge Menschen vom Kindergartenalter bis zum Berufseintritt begleitet, und die Schule kooperiert eng mit Vereinen aus der Nachbarschaft. Ganz besonders wichtig war es Cordula Heckmann bei dem Veränderungsprozess, ihre Schülerinnen und Schüler zu ermutigen, Herkunft, familiäre Erfahrungen und eine interkulturelle Lebenswelt als Chance zu begreifen. Ihre Arbeit ist heute bundesweit Vorbild.

Joana Mallwitz, Berlin, wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet: „Die Dirigentin wird für ihre so präzise wie inspirierte Arbeit auf den Konzertpodien der Welt gefeiert. 2014 ging Joana Mallwitz als damals jüngste Generalmusikdirektorin Europas an das Theater Erfurt, 2018 übernahm sie diese Position am Staatstheater Nürnberg. Von Beginn ihrer Karriere an wurde sie für viele Gastdirigate engagiert. Die mehrfache "Dirigentin des Jahres" steht für die Zukunft der klassischen Musik mit ihrer universellen, völkerverbindenden Sprache. Angebote für Kinder und Jugendliche sind Joana Mallwitz ganz besonders wichtig. Geradezu Berühmtheit erlangten ihre in Nürnberg begonnenen "Expeditionskonzerte", die sie in Berlin als Leiterin des Konzerthausorchesters seit dieser Spielsaison weiterführt. Denn Joana Mallwitz will nicht nur allen Generationen die Scheu vor klassischer Musik nehmen, sondern auch vermitteln, wie sie sagt, "was das für eine irre Freude sein kann, so eine Beethoven-Sinfonie anzuhören."

Unter den weiteren Ausgezeichneten waren neben Prof. Dr. Heike Solga, Berlin, Sozialforscherin, die sich als eine der Ersten um Jugendliche ohne Berufsausbildung gekümmert hat, Neele Singh aus Hamburg, die sich bei „Schulmentoren – Hand in Hand für starke Schule“ engagiert, Cornelia Seifert aus Lehesten, Thüringen, die an der kleinen „Staatlichen Grundschule Karl Oertel“ Projekte durchführte, die Vorzeigecharakter haben, Andreas Steinhöfel, Biedenkopf/Hessen, der als erster Kinderbuchautor in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen wurde und auch Dr. Manuela Richter-Werling, Leipzig/Sachsen, die den Verein „Irrsinnig Menschlich“ mitbegründet hat, der Programme zur Aufklärung über und auch Hilfe bei psychischen Erkrankungen anbietet.
Auch Prof. Dr. Mojib Latif, Hamburg, Kiel/Schleswig-Holstein, einer der bekanntesten Klimaforscher weltweit und auch Prof. Dr. Harald Lesch, München/Bayern, Physik-Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der es versteht, komplexe Zusammenhänge so darzustellen, dass auch Laien sie nachvollziehen können, wurden ausgezeichnet, sie erhielten das Verdienstkreuz 1. Klasse.


dr11101 v.l. Gerda Hasselfeldt (Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Andrea Schulz („Freezone“, Mannheim), Cordula Heckmann (Rütli-Schule Berlin-Neukölln), Serkan Eren (STELP, Stuttgart), Prof. Dr. Heike Solga (Soziologin, Berlin), Petra Densborn (Christliches Jugenddorfwerk (CJD), Worms)

dr11102 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Andrea Schulz von„Freezone“, Mannheim
dr11103 Mirko Drotschmann "MrWissen2go" aus der Region Rheinhessen vor Schloss Bellevue

dr11104 Schloss Bellevue
Text und Foto: Diana Rasch