MUSICALERFOLG VON COLE PORTER IN ÖTIGHEIM

K1024 kmk probe 171„Kiss me, Kate“ in einer Inszenierung von Stefan Haufe

Spritzige Texte, virtuose Tanznummern, eine freche Geschichte und eine quirlig-komische Bühnenhandlung – das sind die Zutaten von „Kiss me, Kate“ einem der erfolgreichsten Broadway Musicals aller Zeiten. Ab Samstag, 6. August 2016 (20.00 Uhr) ist der Klassiker erstmals auf Deutschlands größter Freilichtbühne zu erleben. Am Regiepult: Stefan Haufe, der in Ötigheim bereits für die Erfolgsinszenierungen „Schwarzwaldmädel“ (2013) und „Die Passion“ (2015) verantwortlich zeichnete. Fred Graham – Regisseur, Schauspieler und Leiter einer finanziell angeschlagenen Theatertruppe – will es nochmal wissen. Mit einer musikalischen Version von Shakespeares Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ versucht er sein klammes Ensemble vor dem Ruin zu retten. Die Titelrolle der widerspenstigen Kate hat er mit seiner Ex-Frau Lilli Vanessi besetzt, er selbst gibt den „Frauenzähmer“ Petrucchio und seine derzeitige Flamme Lois Lane Katharinas brave Schwester Bianca. Es knistert heftig auf der Bühne… Die Musik zu „Kiss me, Kate“ stammt aus der Feder von Cole Porter, der seine großen Erfolge im Showbusiness bereits Anfang der 30er Jahre feierte. Die Musicals „Gay Divorce“ und „Anything Goes“ begründeten seinen Ruhm als „America´s Great Sophisticate“ – bis seine Karriere 1937 durch einen schweren Reitunfall jäh unterbrochen wurde. Nach über 30 Operationen, gelang ihm mit „Kiss me, Kate“ 1948 ein glanzvolles Comeback. Das Musical kam alleine in seiner ersten Laufzeit am Broadway auf über 1.000 Vorstellungen. Regisseur Stefan Haufe ist sich sicher: „Der Zauber des Werkes wird sich auch auf dem Ötigheimer Tellplatz entfalten“. „Kiss me, Kate“ wird neben der Premiere am 6. August auch am 7., 13., 14., 20., 21., 27. – sowie zum Saisonschluss am Sonntag, 28. August auf Deutschlands größter Freilichtbühne zu erleben sein. Karten gibt es auf www.volksschauspiele.de und unter Telefon (07222) 9687980.

 

ROLLENBESETZUNG

Inszenierung Stefan Haufe
Musikalische Leitung Ulrich Wagner
Korrepetition Markus Herzer
Kostüme Peter Sommerer
Choreografie Stefan Haufe, Julia Krug
Bühne Bettina Scholzen
Spielleitung Rudi Wild, Sabine Speck
Regieassistenz Carolin Wegner
Soufflage Sabine Speck

PERSONEN

Fred Graham (Petrucchio) Reinhard Danner
Harry Trever (Baptista) Paul Maier, Gerold Baumstark
Lois Lane (Bianca) Marysol Ximénez-Carrillo
Lilli Vanessi (Katharina) Viola Zimmermann
Rita, Inspizientin Anna Hug
Hattie, Garderobiere Saskia Stößer
Paul, Garderobier Maximilian Tüg, Julian Baumstark
Bill Cahoun (Lucentio) Alexander Soehnle
Erster Ganove Roman Gallion
Zweiter Ganove Johannes Tüg, Christoph Dettling
Bühnenportier Rudi Wild
Harrison Howell (General) Kurt Tüg
Gremio (1. Freier) Felix Behringer
Hortensio (2. Freier) Tobias Kleinhans

Tanzgruppen der Volksschauspiele Ötigheim ● Junger Chor der Volksschauspiele Ötigheim ●
Frauen, Männer und Kinder der Spielergemeinschaft der Volksschauspiele Ötigheim

 

THEATER IM THEATER
Regisseur Stefan Haufe über „Kiss me, Kate“

1948, in einer Zeit, in der das Musical zwar begann sich von der reinen Nummernrevue zu einer narrativen, also erzählenden, Form des Theaters zu entwickeln, sich aber noch mit meist oberflächlichen, seichten Liebesgeschichten begnügte, setzte das Musical „Kiss me, Kate“ mit seiner intelligenten, auf mehreren Ebenen erzählten Story neue Maßstäbe am New Yorker Broadway.

Es gewann 1949 gleich fünf Tony-Awards (den Musical-Oscar) und brachte es auf eine erste en-Suite-Laufzeit von über 1.000 Vorstellungen. Bereits in den 50er Jahren wurde vom Berliner Kabarettisten Günter Neumann eine deutsche Übersetzung angefertigt, die, trotz einer Überarbeitung vor einigen Jahren von Musicalautor und -regisseur Peter Lund, auch heute noch Gültigkeit hat. Diese Fassung liegt auch unserer Ötigheimer Inszenierung zugrunde. Der geniale Einfall, auf dem das Ehepaar Samuel und Bella Spewack ihr Musical-Libretto entwickelten, ist die Verdoppelung des Konflikts, den die zwei Hauptdarsteller einer Theaterinszenierung von Shakespeares berühmter Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“, nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne austragen.

Das inzwischen getrennt lebende (aber sich natürlich noch liebende) Künstlerpaar Lilli Vanessi und Fred Graham, kommt nicht wirklich darüber hinweg, dass jeder privat eigene Wege geht. Dabei stellt sich Lilli als die pragmatischere dar, die das unstete Leben an Freds Seite offensichtlich satt hatte, und sich einen reichen Diplomaten geangelt hat. Gerade als im Vorfeld der letzten gemeinsamen Premiere ein zartes Pflänzchen Hoffnung keimt, Lilli und Fred könnten sich nochmals näher kommen, zerstört ein fehlgeleiteter Blumengruß die Idylle, und der Streit der nun vom Zaun bricht, macht Shakespeare alle Ehre.

Dabei umschiffen die Autoren auch geschickt die politisch vollkommen unkorrekte Handlung. Dass auf dem Weg zur Zähmung der Widerspenstigen der Mann auch körperlich übergriffig wird, ist natürlich ein Unding, und man verzeiht es im Original möglicherweise der Entstehungszeit und dem Klassiker-Status von Shakespeares Komödie. Hier nun, in „Kiss me, Kate“, wird der Moment, in dem der Streit zwischen Lilli und Fred eskaliert, daher klugerweise mitten in die Shakespeare-Szenerie verlegt. Nicht unbemerkt in den Kulissen fliegen die Fäuste, nein, mitten auf der Bühne, also quasi in aller Öffentlichkeit. Das erhöht einerseits das komödiantische Potenzial, aber somit kämpfen hier nicht nur Lilli und Fred, sondern gleichsam Katharina und Petrucchio!

Damit wird der Ball zum großen Meister zurückgespielt, und in dessen Geschichte, entstanden 1590, lässt sich die standhafte Weigerung der Katharina aus Zwang zu heiraten, auch anders lesen: als der Wunsch einer starken Frau nach Selbstbestimmung. Wenn man genau hinsieht, ist auch im Musical nicht der Regisseur und Hauptdarsteller Fred Graham der Motor der Geschichte, sondern Lilli Vanessi. Denn, wie sich im zweiten Akt herausstellt, ist ihr neuer Verlobter General Harrison der Eigentümer des Theaters in dem unser Stück spielt, und damit quasi der Produzent. Offensichtlich hat sich Lilli von ihrem neuen Partner einen letzten großen Bühnen-Auftritt, eine letzte Hauptrolle er - wünscht, bevor sie sich mit ihm ins beschauliche Landleben zurückzieht. Und dies sicher nicht nur, um ihrem notorisch klammen, weil erfolglosen Ex-Partner eine berufliche Chance zu geben, sondern natürlich um ein letztes Mal ihre Gefühle für Fred zu überprüfen. Eine letzte Chance für die echte Liebe, oder ein vernunftgesteuerter Rückzug ins Privatleben. Dies erklärt die enorme Fallhöhe, die den Konflikt ins Existenzielle treibt.

Diese Doppelbödigkeit würzen die Autoren (die zu der Zeit tatsächlich auch eigene Ehe Probleme hatten) nun noch mit dem Handlungstwist eines falsch unterschriebenen Schuldscheins, zwei mehr oder weniger gefährlichen Ganoven, die sich der Hochkultur stellen, allerhand Nebenfiguren, und natürlich der wunderbaren Musik von Cole Porter. Damit wurde aus einer beliebten Theater-im-Theater-Geschichte in Allianz mit William Shakespeare einer der größten Musical-Erfolge des 20. Jahrhunderts.
Stefan Haufe, geboren in Oberhausen, studierte klassisches Ballett in Frankfurt am Main und war in der Folge sowohl als Tänzer und
Ballettdirektor am Opernhaus Nürnberg, dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin und dem Theater Nordhausen tätig. Seit
2005 arbeitet er freischaffend als Choreograf und Regisseur. Mit der Operette „Schwarzwaldmädel“ gab er sein umjubeltes Debüt in
Ötigheim, es folgte 2015 Josef Saiers „Die Passion“. Mit „Kiss me, Kate“ legt er nun seine dritte Arbeit für die Volksschauspiele vor.