Die 76. Bregenzer Festspiele haben ihr „Spiel auf dem See“ am 20. Juli 2022 mit Giacomo Puccinis Oper "Madame Butterfly" eröffnet und diese großartige Darbietung aller Mitwirkenden wurde mit Standing Ovations, Jubel und lang anhaltendem Applaus gefeiert.
Es ist allen Künstlerinnen und Künstlern hervorragend gut gelungen, diese emotionale Oper, ein intimes Kammerspiel, auf die große Seebühne zu übertragen - Dank der herausragenden Sängerinnen und Sänger, begleitet von den großartigen Wiener Symphonikern unter Dirigent Enrique Mazzola sowie allen, die an der Gestaltung dieser einzigartigen Aufführung beteiligt waren. Und nicht zuletzt der perfekten Übertragungstechnik, die auch die Zuschauerinnen und Zuschauer bis in die letzte Reihe an den intimen Momenten intensiv teilhaben lässt.
Am Premierenabend war als“ Cio-Cio-San (genannt Butterfly)“ Barno Ismatullaeva zu sehen. Als ihre Dienerin „Suzuki“ Annalisa Stroppa und als „B. F. Pinkerton“ Edgaras Montvidas. In weiteren Rollen: Als „Kate Pinkerton“ Hamida Kristoffersen, „Sharpless“ Brian Mulligan, „Goro“ Taylan Reinhard, „ Der Fürst Yamadori“ Omer Kobiljak, „Onkel Bonzo“ Stanislav Vorobyov, „Der kaiserliche Kommissar“ Unnsteinn Árnason, „Dolore, das Kind“ Riku Seewald.
Die musikalische Leitung hatte Enrique Mazzola. Die beeindruckende Inszenierung stammt von Andreas Homoki, Intendant des Opernhauses Zürich. Das spektakuläre Bühnenbild gestaltete Michael Levine. Die farbenprächtigen Kostüme entwarf Antony McDonald. Für die Lichtgestaltung war Franck Evin verantwortlich und für die Videokunst Luke Halls, die gemeinsam eine zauberhafte Atmosphäre schaffen oder auch die Dramatik eindrücklich unterstreichen konnten. Die ebenfalls sehr gelungene Choreographie lag in den Händen von Lucy Burge. Der perfekte Ton kam von Alwin Bösch und Clemens Wannemacher. Die Chorleitung lag bei Lukás Vasilek und Benjamin Lack.
Als „Orchestra in Residence“ kommen traditionell jeden Sommer die Wiener Symphoniker zu den Bregenzer Festspielen, um wie auch jetzt gemeinsam mit dem Sängerinnen und Sängern soviel Gefühl und Dramatik zu vermitteln, dass sich auch Puccini gefreut hätte. Langjähriger Partner ist auch der Prager Philharmonischer Chor. Dazu kommen der Bregenzer Festspielchor, Tänzer und Tänzerinnen der Bregenzer Festspiele, das Wired Aerial Theatre und die Statisterie der Bregenzer Festspiele.
Puccinis Oper „Madame Butterfly“ist eine japanische Tragödie in drei Akten. Nach dem Libretto von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa. In italienischer Sprache mit deutschen Untertiteln.
Puccinis Oper „Madame Butterfly“ spielt in Japan und erzählt die Geschichte der jungen Cio-Cio-San, genannt „Butterfly“, die sich nach dem Tod ihres Vaters in Nagasaki als Geisha über Wasser hält. Durch die Heirat mit dem amerikanischen Marineleutnant B. F. Pinkerton, in den sie sich verliebt, hofft sie, bald als US-Amerikanerin ein besseres Leben führen zu können. Ihr Onkel Bonzo tritt als Heiratsvermittler auf, (er übersetzte ihren Namen ins Amerikanisch-Französische, daher wurde sie zur „Madame Butterfly“). Trotzdem wird sie von ihren Verwandten verstoßen, weil sie der Heirat („auf Zeit“) wegen ihren Glauben wechselt. Pinkerton kehrt in seine Heimat zurück. Butterfly glaubt daran, dass er eines Tages zurückkehrt und wartet auf ihn mit dem gemeinsamen Sohn. Als Pinkerton Jahre später mit seiner amerikanischen Ehefrau in Nagasaki ankommt, und den Sohn abholen will, entschließt sich Butterfly (verzweifelt, verstoßen, verlassen, verarmt, scheinbar ohne Ehre – und dass man ihr hilft, sieht das Libretto nicht vor (aber dann gäbe es auch nicht diese wunderbare Musik)) ihnen den Sohn in ihrer Verzweiflung zu übergeben, erhofft für ihr Kind eine bessere Zukunft und beendet ihr Leben. Die Seelen der Ahnen begleiten die tragische Handlung.
Das Bühnenbild (Foto 1: Bregenzer Festspiele / Anja Köhler) besteht aus einem überdimensionalen zart bemalten Blatt Papier, das lose auf dem See zu treiben scheint. Japanisches Flair bringen feine Landschaftsmalereien. Es wird mit 12 Projektoren bestrahlt, die zauberhafte Lichtstimmungen erzeugen. Tatsächlich, da es mit seinen 1340 Quadratmetern Fläche Wind und Wasser stand halten muss, wiegt das Blatt 300 Tonnen. Es wurde aus 117 Bauteilen zusammengesetzt und an der Erstellung waren 33 externe Firmen beteiligt. Tuschezeichnungen und auch ein Schriftzug (sinngemäß: Die Liebe stirbt nie) zieren das Blatt und die Bühnengestaltung verwandelt das Blatt Papier atmosphärisch mit, so wie sich auch Cio-Cio-Sans Leben dramatisch verändert.
Die vom Schicksal am stärksten getroffene Protagonistin "Madame Butterfly" arbeitet sich auch noch am stärksten ab, sie trägt das ganze Stück. Der usbekischen Sopranistin Barno Ismatullaeva glaubt man, dass sie als verarmte junge Cio-Cio-San ihren Traum von einem besseren Leben wahr werden lassen möchte und an ihren Hoffnungen festhält, genauso wie auch ihr Leid und ist doch überrascht von der Energie und Kraft, die sie in ihre Stimme legt, um mit ihrem wunderschönen Gesang und eindrücklichen Spiel diese facettenreiche Rolle auszufüllen, mehr geht gar nicht. Ihr gelingt es mühelos, Madame Butterflys Gefühle und Gedanken bis in die letzte Zuschauerreihe zu bringen. Besonders ihre Arie „Un bel di vedremo“, in der sie sehnsuchtsvoll davon singt, wie eines schönen Tages Pinkerton mit seinem Schiff zurückkehren wird, erreicht die Herzen. “B. F. Pinkerton“ erhält von Edgaras Montvidas viel tenoralen Schmelz ganz besonders im Duett mit Cio-Cio-San, als sie ihre Liebe besingen und ganz besonders auch, als er sein Handeln bereut. Suzuki ist Dienerin und Freundin zugleich - ebenfalls sehr überzeugend übernahm Annalisa Stroppa diesen Part. Aber auch in den weiteren Rollen wurden sehr beeindruckende Leistungen geboten.
Giacomo Puccinis (1858-1924) Oper „Madame Butterfly“ wurde 1904 am Teatro alla Scala in Mailand uraufgeführt. Die erste Fassung der „Madame Butterfly“ war ein Fiasko und Puccini hat diese Oper mehrmals abgeändert, bis hin zu der jetzt gespielten Version, die sich durchgesetzt hat und zu den weltweit meistgespielten und beliebtesten Opern gehört.
Erst war der Regen für die Natur lang ersehnt worden, aber dann kam er als Gewitterregen etwa zur Mitte der Aufführung. Das Publikum weiß gut mit der Situation umzugehen und bei zunächst nur leichtem Regen sind die Besucherinnen und Besucher schnell in ihre Regenponchos geschlüpft und es ging nahtlos weiter. Das entfernte Wetterleuchten am Himmel, das man sich nicht bestellen kann, war als Effekt zur Untermalung der dramatischen Handlung auch beeindruckend. Aber dann kam die Gewitterfront näher und es musste das Spiel auf dem See abgebrochen werden und die Gäste die Tribüne verlassen, was auch erstaunlich schnell und nahezu "geräuschlos" geschieht. Im Festspielhaus, das 1.700 Plätze hat, wurde weitergespielt, es ging für einen Teil der Zuschauer, die die entsprechenden Karten gekauft hatten, mit einer „halb konzertanten“ Aufführung weiter – das heißt, dafür war vor dem Orchester, das auf der großen Bühne seinen Platz hat, eine kleinere Bühne direkt vor den Zuschauern aufgebaut, auf welcher die Handlung von den Darstellerinnen und Darstellern in ihren Kostümen und mit ihrem Gesang und Spiel fortgesetzt wurde. Per Videoübertragung wurden dazu die Veränderungen der Kulisse mit den speziellen Effekten auf der Seebühne auf einer großen Leinwand im Bühnenhintergrund gezeigt.
Die Intendantin der Bregenzer Festspiele Elisabeth Sobotka freute sich mit den Sängerinnen und Sängern sowie dem Kreativteam über die begeisternde Premiere (Foto 2: Diana Rasch).
Seit 1946 finden in der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz jährlich im Juli und August die Bregenzer Festspiele statt. Am Morgen hatte die feierliche Eröffnung der Festspielsaison im Festspielhaus stattgefunden, zu der auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen gekommen war sowie zur Premiere am Abend.
„Madame Butterfly“ wird in der Festspielsaison vom 20.07.2022-21.08.2022 insgesamt 26 mal gespielt. Auch Führungen auf die Seebühne können gebucht werden.
Mehr Informationen unter: www.bregenzerfestspiele.com oder Tel. +43 5574 407-6
Text: Diana Rasch
Bregenzer Festspiele/Anja Köhler: Blick auf die Seebühne
Diana Rasch: Die Sängerinnen und Sänger mit dem Kreativteam und Intendantin Elisabeth Sobotka