Im Turm der Heiliggeistkirche seit 1999 insgesamt 53 Jungfalken ausgebrütet
Wanderfalken galten in der Kurpfalz fast 50 Jahre lang als ausgestorben. Ein Nistkasten im Kirchturm der Heidelberger Heiliggeistkirche konnte den Bestand retten. Eingerichtet hatte ihn Hans-Martin Gäng, Naturschutzwart und ehemaliger Rektor der Geschwister-Scholl-Schule, gemeinsam mit einer Gruppe aus Schülerinnen und Schülern und Lehrern. Das Projekt „Natürliche Wiederansiedlung wild lebender Wanderfalken in Heidelberg“ wurde nun nach 2014 zum zweiten Mal als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt gewürdigt. Die Auszeichnung wird an Initiativen verliehen, die sich in nachahmenswerter Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen.
Seit der Installation des Nistkastens 1999 sind in jedem Frühjahr Wanderfalken nach Heidelberg gekommen, um zu brüten und ihre Jungen aufzuziehen. Die Bilanz: insgesamt 53 Tiere in 17 Jahren. Mithilfe einer Video-Übertragung ins Foyer des Heidelberger Rathauses und auf die Webseite www.ag-wanderfalken.de können Interessierte die Brut und Aufzucht der Jungen mitverfolgen. In vielen weiteren Städten, darunter Zürich, Rom und London, fand das Projekt Nachahmer.
Elektronische Nilgans-Abwehr erfolgreich
Sorgenvolle Blicke hatten sich während der Brutsaison in den Jahren 2015 und 2016 auf den Turm der Heiliggeistkirche gerichtet, als die Wanderfalken ihren Nistkasten vor Nilgänsen verteidigen mussten. Dank einer von der Universität Bonn entwickelten, elektronischen Nilgans-Abwehr, konnten die Gänse 2016 vom Turm ferngehalten werden. Eine computergesteuerte Bilderkennung löst einen Alarm aus, sobald sich im Nistplatz eine Nilgans befindet – ein Blitzlicht kombiniert mit unangenehmen Geräuschen aus einem Lautsprecher.
Das städtische Umweltamt, die Pfarrgemeinde Heiliggeist, die Evangelische Stiftung Pflege Schönau und die Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz Baden-Württemberg haben das Projekt von Anfang an unterstützt. Seit 2007 wird es unter Federführung des „NABU Heidelberg Arbeitskreis Greifvögel“ organisiert. Zuvor hatten sich Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule regelmäßig um die Instandhaltung des drei Kubikmeter großen Nistkastens gekümmert und sich auf diese Weise intensiv mit dem Schutz einer bedrohten Tierart beschäftigt.
Vorbildliches Engagement zum Schutz der biologischen Vielfalt
Die UN-Dekade Biologische Vielfalt wurde von den Vereinten Nationen für den Zeitraum von 2011 bis 2020 ausgerufen. Ziel ist es, den weltweiten Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten. Der fortlaufende Wettbewerb, bei dem das Projekt „Natürliche Wiederansiedlung wild lebender Wanderfalken in Heidelberg“ erneut überzeugte, wird von der Geschäftsstelle der UN-Dekade Biologische Vielfalt mit Sitz in Osnabrück ausgerichtet. Eine Jury, der unter anderem Vertreter des Bundesumweltamts und des Deutschen Naturschutzbundes angehören, entscheidet etwa halbjährlich über die Qualität der eingereichten Projekte. Weitere Infos gibt es unter www.un-dekade-biologische-vielfalt.de